Problembeschreibung/Begründung:
Mit Schreiben vom 25.04.2018 unterbreitete die Bürgerenergie Windpark Am Kannenberg UG
(haftungsbeschränkt) & Co. KG der Gemeinde ein Angebot einer 10%igen
stillen Beteiligung nach dem Gesetz für den Ausbau erneuerbarer Energien
(Erneuerbare-Energien-Gesetz-EEG 2017) entsprechend der Anlage.
Das Angebot zielt
auf eine wirtschaftliche Betätigung der Gemeinde, die in Abschnitt 6 der
Kommunalverfassung für das Land M-V geregelt ist. Wie bei jeder anderen
wirtschaftlichen Betätigung auch müssen Umfang und Ausmaß des Engagements im
Bereich erneuerbarer Energien in einem angemessenen Verhältnis zur Finanz- und Verwaltungskraft
der Gemeinde stehen, um die kommunale Aufgabenerfüllung nicht zu gefährden.
Angesichts der mit dem Vorhaben verbundenen hohen Beteiligung von 465.000 EUR
sowie der aus dem wirtschaftlichen Engagement selbst erwachsenden Anforderungen
an eine wirkungsvolle Beteiligungssteuerung ist auf den Schutz der Gemeinde vor
einer finanziellen und administrativen Überforderung ein besonderes Augenmerk
zu legen. Als Organisationsformen sind kommunale Eigenbetriebe,
Kommunalunternehmen- aber auch wie vorliegend - Organisationsformen des
Privatrechts zulässig.
Nach § 69 Abs. 1 KV
M-V darf sich die Gemeinde nur unter bestimmten Voraussetzungen an Unternehmen
in Privatrechtsform beteiligen.
Zulässigkeitskriterien
(§ 68 Abs. 2 Satz 1
KV M-V)
Bedingung für jede
wirtschaftliche Betätigung/Beteiligung der Gemeinden ist die öffentliche
Zweckbindung. Danach sind Unternehmen nur zulässig, wenn der öffentliche Zweck
sie rechtfertigt. Die Betätigung/Beteiligung selbst muss auf Belange der
örtlichen Gemeinschaft zurückzuführen sein. Für Gemeinden ist dies bei der
Versorgung der Einwohner mit Energie grundsätzlich gegeben. Darüber hinaus hat
der Gesetzgeber in § 68 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 KV M-V klargestellt, dass zur
Erzeugung erneuerbarer Energien auch in einem über den eigenen Bedarf
hinausgehenden Umfang der kommunale Sachzweck anerkannt ist und die
Gewinnerzielungsabsicht dem öffentlichen Zweck grundsätzlich nicht
entgegensteht.
Die
kommunalwirtschaftliche Betätigung muss nach Art und Umfang in einem
angemessenen Verhältnis zur Leistungsfähigkeit der Gemeinde stehen. Neben der
haushaltsrechtlichen Bereitstellung der Einlagen von 465.000 EUR, die in
Übereinstimmung mit der dauerhaften wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der
Gemeinde stehen würde, bedeutet dies auch, dass die Gemeinde aufgrund ihrer
konkreten Haushaltssituation in der Lage sein muss, die mit der
wirtschaftlichen Betätigung/ Beteiligung einhergehenden unternehmerischen
Risiken zu tragen. Da eine
energiewirtschaftliche Betätigung branchenspezifisches Wissen erfordert, sollte
die Gemeinde auf eine Einbindung entsprechender Fachkenntnisse achten.
Die wirtschaftliche
Betätigung ist weiterhin nur zulässig, wenn die Gemeinde die Aufgabe ebenso gut
und wirtschaftlich wie Dritte erfüllen kann (Prinzip der Nachrangigkeit). Die
Erfüllung dieser Voraussetzungen erfordert die Darlegung der Wirtschaftlichkeit
des Vorhabens mit dem gesamten investiven, personellen und sachlichen Aufwand
und dem voraussichtlichen Ertrag. Im Rahmen einer anbieterunabhängigen
Wirtschaftlichkeitsanalyse, sind die Rentabilität des Vorhabens sowie deren
wirtschaftliche Risiken zu untersuchen und darzustellen.
§ 69 Abs. 1 KV M-V
Über den
Gesellschaftsvertrag muss sichergestellt sein, dass der öffentliche Zweck des
Unternehmens erfüllt wird. Unternehmensgegenstand der Gesellschaft ist die
Errichtung und der Betrieb eines Windparks.
Die Gemeinde darf
die Beteiligung nur ausüben, wenn durch den Gesellschaftsvertrag oder in
anderer Weise ein angemessener Einfluss, insbesondere im Aufsichtsrat oder in
einem entsprechenden Überwachungsorgan, sichergestellt ist. Sie hat ein
Beteiligungsmanagement zu errichten (§75 a KV M-V).
Eine unmittelbare
kommunale Beteiligung an einer Kommanditgesellschaft als Komplementär ist
kommunalverfassungsmäßig unzulässig, da eine Haftungsbegrenzung nicht gegeben
ist. In Betracht kommen kann jedoch eine unmittelbare Beteiligung der Gemeinde
als Kommanditist an einer Gesellschaft mit Haftungsbeschränkung (GmbH bzw. UG
& Co. KG).
Da die Kommanditisten nach § 164 Satz 1 des Handelsgesetzbuches von der Führung
der Geschäfte ausgeschlossen sind, bedarf es vor dem Hintergrund des
sicherzustellenden angemessenen Einflusses der Gemeinde hierfür besonderer
gesellschaftsvertraglicher Regelungen. Mit diesen muss sichergestellt werden, dass
die Gemeinde auf die wesentlichen Angelegenheiten der Geschäftstätigkeit
Einfluss nehmen kann (atypische Kommanditgesellschaft). Genau dies wird über
die angebotene stille Beteiligung jedoch ausgeschlossen, woraus sich der
Ablehnungsgrund für das Angebot ergibt.
Weiterhin sind die
Haftung und die Einzahlungsverpflichtungen der Gemeinde auf einen ihrer
Leistungsfähigkeit angemessenen Betrag zu begrenzen. Beide Kriterien sind über
die Haftungsbeschränkung und das definierte Beteiligungskapital gegeben.
Daneben muss darauf
hingewiesen werden, dass mit dem Gesetz über die Beteiligung von Bürgerinnen
und Bürgern sowie Gemeinden an Windparks in Mecklenburg-Vorpommern (Bürger- und
Gemeindenbeteiligungsgesetz – BüGembeteilG M-V) vom Gesetzgeber 2016 eine weitere
Möglichkeit der Beteiligung geschaffen wurde.
Die Grundidee
dieses Gesetzes ist die Verpflichtung von Projektträgern, für neue Windparks
eine haftungsbeschränkte Gesellschaft zu gründen und Anteile von mindestens 20
Prozent dieser Gesellschaft den unmittelbaren Nachbarn zur Beteiligung
anzubieten. Dies sind neben den Gemeinden, auf deren Gebiet sich die
Windenergieanlage befindet, alle Gemeinden, deren Gemeindegebiet nicht mehr als
5 Kilometer vom Standort der Windenergieanlage entfernt liegt sowie alle natürlichen
Personen, die zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Offerte seit mindestens 3
Monaten mit ihrer Wohnung in diesem Umkreis gemeldet sind.
Infolge des vom
Gesetz konkret vorgegebenen Verfahrens mindert sich das wirtschaftliche Risiko
der Beteiligung. Die je nach Ausgestaltung zu erwartenden Erträge fallen jedoch
auch geringer aus.
Eine derartige
Offerte steht noch aus.
Zusammenfassung
Grundsätzlich ist
eine wirtschaftliche Betätigung/Beteiligung der Gemeinde im Bereich der
regenerativen Energien kommunal- und haushaltsrechtlich möglich. Bei dem der
Gemeinde vorliegenden konkreten Angebot mangelt es jedoch an der Möglichkeit
der Einflussnahme der Gemeinde auf die wesentlichen Angelegenheiten der
Geschäftstätigkeit. Der Mangel ist so erheblich, dass eine derartige
Vereinbarung nicht abgeschlossen werden darf. Eine andere Ausgestaltung des
Angebotes ist nach telefonischer Auskunft des Anbieters nicht verhandelbar.
Der Hauptausschuss
hat sich am 04.07.2018 mit dem Beteiligungsangebot befasst und die Ablehnung
des vorliegenden Angebots empfohlen.
Anlagen
Angebot der Bürgerenergie Windpark Am Kannenberg UG (haftungsbeschränkt) & Co. KG vom 25.04.2018
Beschlussvorschlag:
Die
Gemeindevertretung der Gemeinde Stäbelow beschließt, das als Anlage beigefügte
Angebot einer 10%igen wirtschaftlichen Beteiligung der Bürgerenergie Windpark
Am Kannenberg UG (haftungsbeschränkt) & Co. KG vom 25.04.2018 abzulehnen.
Finanzielle
Auswirkungen
(x)
keine, bei Ablehnung des
Angebotes, sonst in Folgejahren
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Einvernehmen erteilt Bürgermeister |
fachliche Richtigkeit Fachbereichsleiter/Fachdienstleiterin |
haushaltsrechtliche Richtigkeit Fachdienstleiterin Finanzverwaltung |
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