Beteiligungsangebot Bürgerenergie Windpark Am Kannenberg UG (haftungsbeschränkt) & Co. KG

Betreff
Beteiligungsangebot Bürgerenergie Windpark Am Kannenberg UG (haftungsbeschränkt) & Co. KG
Vorlage
VO/FV/40-0614/2018
Art
Beschlussvorlage

Problembeschreibung/Begründung:

Mit Schreiben vom 25.04.2018 unterbreitete die Bürgerenergie Windpark Am Kannenberg UG (haftungsbeschränkt) & Co. KG der Gemeinde ein Angebot einer 10%igen stillen Beteiligung nach dem Gesetz für den Ausbau erneuerbarer Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz-EEG 2017) entsprechend der Anlage.

Das Angebot zielt auf eine wirtschaftliche Betätigung der Gemeinde, die in Abschnitt 6 der Kommunalverfassung für das Land M-V geregelt ist. Wie bei jeder anderen wirtschaftlichen Betätigung auch müssen Umfang und Ausmaß des Engagements im Bereich erneuerbarer Energien in einem angemessenen Verhältnis zur Finanz- und Verwaltungskraft der Gemeinde stehen, um die kommunale Aufgabenerfüllung nicht zu gefährden. Angesichts der mit dem Vorhaben verbundenen hohen Beteiligung von 465.000 EUR sowie der aus dem wirtschaftlichen Engagement selbst erwachsenden Anforderungen an eine wirkungsvolle Beteiligungssteuerung ist auf den Schutz der Gemeinde vor einer finanziellen und administrativen Überforderung ein besonderes Augenmerk zu legen. Als Organisationsformen sind kommunale Eigenbetriebe, Kommunalunternehmen- aber auch wie vorliegend - Organisationsformen des Privatrechts zulässig.

 

Nach § 69 Abs. 1 KV M-V darf sich die Gemeinde nur unter bestimmten Voraussetzungen an Unternehmen in Privatrechtsform beteiligen.

 

Zulässigkeitskriterien

(§ 68 Abs. 2 Satz 1 KV M-V)

Bedingung für jede wirtschaftliche Betätigung/Beteiligung der Gemeinden ist die öffentliche Zweckbindung. Danach sind Unternehmen nur zulässig, wenn der öffentliche Zweck sie rechtfertigt. Die Betätigung/Beteiligung selbst muss auf Belange der örtlichen Gemeinschaft zurückzuführen sein. Für Gemeinden ist dies bei der Versorgung der Einwohner mit Energie grundsätzlich gegeben. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber in § 68 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 KV M-V klargestellt, dass zur Erzeugung erneuerbarer Energien auch in einem über den eigenen Bedarf hinausgehenden Umfang der kommunale Sachzweck anerkannt ist und die Gewinnerzielungsabsicht dem öffentlichen Zweck grundsätzlich nicht entgegensteht.

 

Die kommunalwirtschaftliche Betätigung muss nach Art und Umfang in einem angemessenen Verhältnis zur Leistungsfähigkeit der Gemeinde stehen. Neben der haushaltsrechtlichen Bereitstellung der Einlagen von 465.000 EUR, die in Übereinstimmung mit der dauerhaften wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Gemeinde stehen würde, bedeutet dies auch, dass die Gemeinde aufgrund ihrer konkreten Haushaltssituation in der Lage sein muss, die mit der wirtschaftlichen Betätigung/ Beteiligung einhergehenden unternehmerischen Risiken zu tragen. Da eine energiewirtschaftliche Betätigung branchenspezifisches Wissen erfordert, sollte die Gemeinde auf eine Einbindung entsprechender Fachkenntnisse achten.

 

Die wirtschaftliche Betätigung ist weiterhin nur zulässig, wenn die Gemeinde die Aufgabe ebenso gut und wirtschaftlich wie Dritte erfüllen kann (Prinzip der Nachrangigkeit). Die Erfüllung dieser Voraussetzungen erfordert die Darlegung der Wirtschaftlichkeit des Vorhabens mit dem gesamten investiven, personellen und sachlichen Aufwand und dem voraussichtlichen Ertrag. Im Rahmen einer anbieterunabhängigen Wirtschaftlichkeitsanalyse, sind die Rentabilität des Vorhabens sowie deren wirtschaftliche Risiken zu untersuchen und darzustellen.

 

§ 69 Abs. 1 KV M-V

Über den Gesellschaftsvertrag muss sichergestellt sein, dass der öffentliche Zweck des Unternehmens erfüllt wird. Unternehmensgegenstand der Gesellschaft ist die Errichtung und der Betrieb eines Windparks.

 

Die Gemeinde darf die Beteiligung nur ausüben, wenn durch den Gesellschaftsvertrag oder in anderer Weise ein angemessener Einfluss, insbesondere im Aufsichtsrat oder in einem entsprechenden Überwachungsorgan, sichergestellt ist. Sie hat ein Beteiligungsmanagement zu errichten (§75 a KV M-V).

Eine unmittelbare kommunale Beteiligung an einer Kommanditgesellschaft als Komplementär ist kommunalverfassungsmäßig unzulässig, da eine Haftungsbegrenzung nicht gegeben ist. In Betracht kommen kann jedoch eine unmittelbare Beteiligung der Gemeinde als Kommanditist an einer Gesellschaft mit Haftungsbeschränkung (GmbH bzw. UG & Co. KG).
Da die Kommanditisten nach § 164 Satz 1 des Handelsgesetzbuches von der Führung der Geschäfte ausgeschlossen sind, bedarf es vor dem Hintergrund des sicherzustellenden angemessenen Einflusses der Gemeinde hierfür besonderer gesellschaftsvertraglicher Regelungen. Mit diesen muss sichergestellt werden, dass die Gemeinde auf die wesentlichen Angelegenheiten der Geschäftstätigkeit Einfluss nehmen kann (atypische Kommanditgesellschaft). Genau dies wird über die angebotene stille Beteiligung jedoch ausgeschlossen, woraus sich der Ablehnungsgrund für das Angebot ergibt.

 

Weiterhin sind die Haftung und die Einzahlungsverpflichtungen der Gemeinde auf einen ihrer Leistungsfähigkeit angemessenen Betrag zu begrenzen. Beide Kriterien sind über die Haftungsbeschränkung und das definierte Beteiligungskapital gegeben.

Daneben muss darauf hingewiesen werden, dass mit dem Gesetz über die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern sowie Gemeinden an Windparks in Mecklenburg-Vorpommern (Bürger- und Gemeindenbeteiligungsgesetz – BüGembeteilG M-V) vom Gesetzgeber 2016 eine weitere Möglichkeit der Beteiligung geschaffen wurde.

Die Grundidee dieses Gesetzes ist die Verpflichtung von Projektträgern, für neue Windparks eine haftungsbeschränkte Gesellschaft zu gründen und Anteile von mindestens 20 Prozent dieser Gesellschaft den unmittelbaren Nachbarn zur Beteiligung anzubieten. Dies sind neben den Gemeinden, auf deren Gebiet sich die Windenergieanlage befindet, alle Gemeinden, deren Gemeindegebiet nicht mehr als 5 Kilometer vom Standort der Windenergieanlage entfernt liegt sowie alle natürlichen Personen, die zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Offerte seit mindestens 3 Monaten mit ihrer Wohnung in diesem Umkreis gemeldet sind.

Infolge des vom Gesetz konkret vorgegebenen Verfahrens mindert sich das wirtschaftliche Risiko der Beteiligung. Die je nach Ausgestaltung zu erwartenden Erträge fallen jedoch auch geringer aus.

Eine derartige Offerte steht noch aus.  

 

Zusammenfassung

Grundsätzlich ist eine wirtschaftliche Betätigung/Beteiligung der Gemeinde im Bereich der regenerativen Energien kommunal- und haushaltsrechtlich möglich. Bei dem der Gemeinde vorliegenden konkreten Angebot mangelt es jedoch an der Möglichkeit der Einflussnahme der Gemeinde auf die wesentlichen Angelegenheiten der Geschäftstätigkeit. Der Mangel ist so erheblich, dass eine derartige Vereinbarung nicht abgeschlossen werden darf. Eine andere Ausgestaltung des Angebotes ist nach telefonischer Auskunft des Anbieters nicht verhandelbar.

Der Hauptausschuss hat sich am 04.07.2018 mit dem Beteiligungsangebot befasst und die Ablehnung des vorliegenden Angebots empfohlen.

 

Anlagen

Angebot der Bürgerenergie Windpark Am Kannenberg UG (haftungsbeschränkt) & Co. KG vom 25.04.2018

 

 

Beschlussvorschlag:

Die Gemeindevertretung der Gemeinde Stäbelow beschließt, das als Anlage beigefügte Angebot einer 10%igen wirtschaftlichen Beteiligung der Bürgerenergie Windpark Am Kannenberg UG (haftungsbeschränkt) & Co. KG vom 25.04.2018 abzulehnen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Finanzielle Auswirkungen

 (x) keine, bei Ablehnung des Angebotes, sonst in Folgejahren

 

 

 

 

 

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Einvernehmen erteilt

Bürgermeister

 

fachliche Richtigkeit

Fachbereichsleiter/Fachdienstleiterin

 

 

haushaltsrechtliche Richtigkeit

Fachdienstleiterin Finanzverwaltung