Sitzung: 19.02.2019 Gemeindevertretung Pölchow
Beschluss: ungeändert beschlossen
Abstimmung: Ja: 8, Nein: 0, Enthaltungen: 0, Befangen: 0
Vorlage: VO/LV/50-0461/2019
Beschluss Nr.:
92-22/19
1. Die Gemeindevertretung stellt fest, dass die Kommunen in Mecklenburg-Vorpommern, um ihre Aufgaben wirksam erfüllen zu können, eine angemessene und aufgabengerechte Finanzausstattung benötigen. Dabei muss der rechtlich geforderte Haushaltsausgleich genauso möglich sein, wie die Wahrnehmung freiwilliger Aufgaben und Investitionen einschließlich Erhaltung der Infrastruktur.
2. Die Gemeindevertretung erwartet vom Landtag die Einführung einer dauerhaft zu gewährenden Infrastrukturpauschale in Höhe von 166 Euro pro Einwohner, um die klaffende Lücke zum Durchschnitt aller Flächenländer im Bundesgebiet zumindest ab 2020 zu schließen.
3. Weiterhin erachtet es die Gemeindevertretung als Selbstverständlichkeit, dass die vom Land bereits übertragenen und auch in Zukunft neu übertragenen Aufgaben vollständig aus Landesmitteln ausfinanziert werden (Konnexität).
4. Die Gemeindevertretung unterstützt deshalb die Forderung gegenüber dem Landtag Mecklenburg-Vorpommerns aus dem beigefügten Papier der beiden kommunalen Spitzenverbände – Städte- und Gemeindetag sowie Landkreistag Mecklenburg-Vorpommern.
5. Die Gemeindevertretung fordert die vollständige Umsetzung des Papiers und bekräftigt dies mit Unterschrift auf der beigefügten Liste durch ihre Mitglieder. Der Landtag sollte mit einer Entschließung zu den Grundsätzen aus diesem Papier Verlässlichkeit und Klarheit schaffen. Dazu fordern wir die Abgeordneten des Landtages als die gewählten Vertreter der Menschen in unseren Städten, Gemeinden und Landkreisen ausdrücklich auf. Damit legen die Abgeordneten die Basis für eine gute Zukunft im Land, die ihre Wurzel in den Kommunen hat.
6. Die beigefügte Unterschriftenliste wird zusammen mit dem Beschluss der Landtagspräsidentin und in Kopie der Ministerpräsidentin übersandt werden.
Das Land
Mecklenburg-Vorpommern und seine Kommunen haben aus der Neuordnung der
Bund-Länder-Finanzbeziehungen die große Chance gemeinsam die Zukunft für die
Einwohnerinnen und Einwohner aber auch die Gäste unseres Landes aktiv zu
gestalten. Elementar dafür ist die Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung.
Schon im Koalitionsvertrag haben
sich die Regierungsfraktionen auf folgendes geeinigt:
„(409) Im Bewusstsein, dass
in den nächsten Jahren grundlegende Entscheidungen und wichtige
Weichenstellungen für die zukünftige, positive Entwicklung des Landes insgesamt
vorgenommen werden müssen, bekennen sich die Koalitionspartner zu der
gemeinsamen Verantwortung und sind sich einig, dass diese Herausforderung nur
in einer fairen Partnerschaft zwischen Land und Kommunen in einer Kultur des
Vertrauens und des gegenseitigen Respekts bewältigt werden können.
(410) Damit die Kommunen
ihre Aufgaben weiterhin wirksam erfüllen können, brauchen sie eine angemessene
und aufgabengerechte Finanzausstattung. Die Koalition wird, wie zwischen Land
und Kommunen vereinbart, auf der Basis eines gemeinsam in Auftrag gegebenen
Gutachtens eine Neuordnung des kommunalen Finanzausgleichs vornehmen, um diese
Ausstattung sicherzustellen.“
Der Bund stellt dem Land ab
2020 jährlich 229 Euro pro Einwohner zur Sicherung gleichwertiger
Lebensverhältnisse und aufgrund der kommunalen Finanzschwäche zur Verfügung.
Bereits im ersten Gutachten zum Finanzausgleich in Mecklenburg-Vorpommern
führten die Gutachter auf Seite 14 in Fußnote 46 aus: „Aus der der Einigung der
Regierungschefs des Bundes und der Länder zu Grunde liegenden Berechnung auf
Basis der Steuerschätzung Mai 2016 ergibt sich für Mecklenburg-Vorpommern „aus
Sicht des Bundes“ ein Wert von +229 Euro je Einwohner (vgl. BLF-Modell vom
03.12.2015 - 2019 (Steuerschätzung V 2016), BMF, 14.10.2016).“
Aus dem Gleichmäßigkeitsgrundsatz
ergibt sich schon daraus eine kommunale Beteiligung in Höhe von 79 Euro pro
Einwohner.
Nach dem
finanzwissenschaftlichen Gutachten von Professor Dr. Lenk darf das Land
Mecklenburg-Vorpommern ab 2020 mit Mehreinnahmen von mindestens 266 Euro
pro Einwohner rechnen.
Neben den Mitteln aus dem
Gleichmäßigkeitsgrundsatz ist dringend der Investitionsschwäche der Kommunen
entgegenzuwirken.
Das Gutachten stellt hierzu
insbesondere fest, dass im Bereich der Investitionen über deutlich mehr als 10
Jahre hinweg eine erhebliche Lücke im Vergleich der Flächenländer klafft. Der
Differenzbetrag beläuft sich dabei im Jahr 2017 auf 166 Euro pro Einwohner
(Lenk u.a., Finanzwissenschaftliche Analysen und finanzwirtschaftliche
Berechnungen im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs in M-V, Leipzig,
Dezember 2018, S.95).
Der Betrag von 166 Euro pro
Einwohner soll den Kommunen steuerkraftunabhängig und dauerhaft jährlich als
„Infrastrukturpauschale“ sowohl für Investitionsmaßnahmen als auch für
Unterhaltungsaufwendungen zur Verfügung gestellt werden.
Rechnerisch ergibt sich aus
der kommunalen Beteiligung nach dem Gleichmäßigkeitsgrundsatz (79 Euro/EW)
und der von den Gutachtern festgestellten Investitionslücke (166 Euro/EW)
ein Betrag von 245 Euro pro Einwohner ab dem 01.01.2020, der der kommunalen
Ebene zusätzlich zur Verfügung gestellt werden soll.
Damit ist zwar die
entstandene Lücke aus der Vergangenheit nicht aufgeholt. Es wäre dennoch ein
mehr als deutliches Zeichen zur gemeinsamen Gestaltung der Zukunft in unserem Bundesland.
Zudem wird dem anhaltenden Substanzverlust in der Infrastruktur bei Schulen,
Kitas, Straßen und Kultureinrichtungen in den Kommunen vielleicht gerade noch
rechtzeitig wirksam begegnet.
Profitieren werden von einer
dauerhaft planbaren Infrastrukturpauschale alle staatlichen Ebenen. Ist es
heute noch die unbedingte Abhängigkeit von Fördermitteln, um überhaupt
investieren zu können, so gelingt es künftig nach den örtlichen Bedürfnissen
die Infrastruktur dauerhaft intakt zu halten und zusätzliche Bedarfe zu decken.
Das erhöht die Zufriedenheit von Einwohnerinnen und Einwohner, aber auch
Gästen. Gleichzeitig kann sich die örtliche Bauwirtschaft darauf verlassen,
dass die Gemeinden und Landkreise nicht nur den Willen, sondern auch die Mittel
haben, um ihre Infrastruktur dauerhaft zu unterhalten. Durch diese Planbarkeit
ist es auch der Bauwirtschaft im Land möglich dauerhaft neue Kapazitäten zu
schaffen.
Das als Anlage beigefügte
Papier der beiden kommunalen Spitzenverbände fasst die notwendigen Schritte zu
einem tragfähigen Finanzausgleich in Mecklenburg-Vorpommern in herausragender
Weise zusammen.
Die Gemeinde fordert deshalb
den Landtag auf, die Landesregierung mit der vollständigen Umsetzung des
Papiers zu beauftragen, um gemeinsam die kommunale Selbstverwaltung zu stärken
und das Land Mecklenburg-Vorpommern damit zukunftsfähig für seine
Einwohnerinnen und Einwohner zu entwickeln.
Abstimmung:
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Ja-Stimmen |
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